Auch im Jahr 2022 bedeutet eine Frau zu sein, immer noch mit Einschränkungen zu leben, Ungerechtigkeiten zu begegnen und sich gegen männliche Dominanz zu wehren. Auch nach Jahrhunderten, in denen Frauen für Gleichheit und Gleichberechtigung gekämpft haben, ist diese nach wie vor nicht selbstverständlich.
Am 8. März begehen wir daher den Internationalen Frauentag, an dem weltweit dazu aufgerufen wird, sich für die Rechte und die Rolle der Frau in der Gesellschaft einzusetzen und Frauen weltweit zu stärken.
Was ist „Empowerment“?
Frauen und Mädchen zu stärken oder auch das „Empowerment“ zu unterstützen, ist die Basis für Wirtschaftswachstum, politischer Stabilität und sozialem Wandel. Erstaunlicherweise ist aber oftmals genau das Gegenteil zu beobachten. Statt Frauen und Mädchen als Kraft und Antreiber für Transformation und Fortschritt zu erkennen und zu stärken, werden sie weiterhin unterdrückt, gequält und missachtet – Jede Stunde, jeden Tag.
Jede Minute werden in Südafrika zwei Mädchen und Frauen vergewaltigt.
Stündlich wird im Kongo 48 Mädchen und Frauen als Kriegswaffe sexuelle Gewalt angetan.
Wie stärken wir also Mädchen und Frauen? Und was bedeutet Empowerment genau?
Wenn Sie jetzt eine klare Definition von Empowerment erwarten, müssen wir Sie leider enttäuschen. Denn tatsächlich gibt es keine Definition hierzu und in den meisten Sprachen existiert das Wort „Empowerment“ nicht mal. Obwohl der Ausdruck „Stärkung der Rolle der Frau“ im Bereich der Gleichstellung (und darüber hinaus) weit verbreitet ist, steht er im Allgemeinen im Zusammenhang eher mit Themen wie der wirtschaftlichen Stärkung, politischen Partizipation und Bildung.
Die Bedeutung der Stärkung der Rolle der Frau
Umfragen zur Stärkung der Frau bzw. Empowerment gibt es nur wenige. Ergebnisse und Daten hierzu sind also rar gesät. Betrachtet man die vorhandenen Studien, ergibt sich folgendes Bild:
- Mehr als je zuvor haben junge Frauen von heute Wahlmöglichkeiten und Kontrolle in ihrem Leben, besonders im Bereich Bildung und Berufswahl.
- Wünschen zu Karriere und Einkommen stehen an erster Stelle, gefolgt von der persönlichen Entwicklung (körperlich, geistig).
- Wer trägt am meisten dazu bei, diesen Wandel herbeizuführen? Mehr als 60% identifizierten sich selbst als treibender Faktor. Familie und Regierung lagen an zweiter und dritter Stelle. Freunde waren der am wenigsten beitragende Faktor.
Aber wie können Frauen und Mädchen genau gestärkt werden?
Indem Sie selbst erkennen, dass der Wandel in ihnen liegt und sie nicht an starre Rollenbilder gebunden sind, die bereits seit Generationen abgeschafft gehören. Angesichts der Tatsache, dass bei vielen Projekten und Organisationen die Bildung von Mädchen im Mittelpunkt steht und in diesen Bereichen, die meiste Empowerment-Arbeit finanziert wird, ist es an der Zeit, unsere Strategie und unser Handeln auf der ganzen Welt zu überdenken. Sicher ist Bildung wichtig, aber sie ist nicht der wesentliche Faktor, wenn es um die Stärkung geht.
Vielmehr sollte man dazu aufrufen, Mädchen und junge Frauen dabei zu unterstützen, ihre innere Kraft – Ermächtigung – selbst zu erkennen und selbst zu handeln und für sich einzustehen– für sich und kommende Generationen
Was ist das Thema für den Frauentag 2022?
Thema des Internationalen Frauentags oder auch IWD 2022 ist die „Gleichstellung der Geschlechter heute für ein nachhaltiges Morgen“. Ziel ist es, den Beitrag von Frauen und Mädchen auf der ganzen Welt zu würdigen, die bei der Anpassung an den Klimawandel, der Eindämmung und der Reaktion auf den Klimawandel führend sind, um eine nachhaltigere Zukunft für alle aufzubauen. In den sozialen Medien werden die Hashtags #IWD2022 #BreakTheBias genutzt, um auf den IWD aufmerksam zu machen.
Auch eine eigene Bildsprache wurde zum IWD 2022 entwickelt. Frauen verschiedener Nationen, Kulturen und Religionen verschränken Ihre Arme wie ein X vor dem Körper, um Solidarität zu zeigen.
Wann startet die Gleichstellungskampagne?
Die Gleichstellungskampagne „Generation Equality“ UN Women startete bereits 2021 und ruft gemeinsam mit 15 starke Persönlichkeiten das Thema Gleichberechtigung auf die Agenda und in den Fokus der Menschen weltweit.
Mit Fotos der Modefotografin Anna Daki und Clips erzählen 15 bekannte Prominente von eigenen Erfahrungen mit Diskriminierung und fordern durch ihre Statements Maßnahmen, um die Situationen von Frauen zu verbessern. Unterstützt wird die Kampagne unter anderem durch Sara Nuru, Dunja Hayali, Zeina Nassar, Laura Gelhaar, Hadnet Tesfai, Iris Berben, Volker Bruch, Mogli, Wana Limar, Lisa Banholzer, Spencer Issa Mase, Tarik Tesfu, Joy Denalane, Alina Wichmann und Tupoka Ogette.
Was hat die Gleichstellung der Geschlechter mit der Stärkung der Frau zu tun?
Nur, wenn auch die Geschlechtergleichstellung erreicht wird, können auch alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigt werden. Denn die Stärkung – das „Empowerment“- von Frauen und Mädchen hat direkte Auswirkungen auf Wirtschaftswachstum und Entwicklung und ist in ökonomischer und sozialer Hinsicht unverzichtbar. Dazu gehört auch die Unterstützung von Frauen in der Wirtschaft, durch die Einführung einer Frauenquote beispielsweise.
In den letzten Jahren konnten sich einige Frauen durch ihre Leistungen während der Pandemie eine besondere und herausragende Stellung in der Gesellschaft erkämpfen. Vier von Ihnen möchten wir herausstellen.
Die inspirierenden Frauen, die während der Pandemie anerkannt werden sollten:
Prof. Sarah Gilbert: Dame Sarah Gilbert, DBE (*1962) ist eine britische Impfstoffforscherin und Professorin für Impfstoffe an der University of Oxford. Sie hat sich während ihrer beruflichen Laufbahn auf die Entwicklung von Impfstoffen gegen Influenzaviren sowie neu auftretende virale Krankheitserreger spezialisiert. Sie leitete die Entwicklung und Testreihen für einen universellen Grippeimpfstoff und ist an der Entwicklung des COVID-19-Impfstoffs Vaxzevria maßgeblich beteiligt.
Katalin Kariko: Katalin Karikó (*1955) ist ungarische Biochemikerin, die derzeit in den USA lebt und arbeitet. Der Schwerpunkt ihrer Forschung liegt auf der RNA-vermittelten Immunaktivierung. Gemeinsam mit dem Immunologen Drew Weissman entdeckte sie die Möglichkeit, durch Nukleosid-Modifikation die Immunogenität von RNA zu unterdrücken. Dies bildete die Grundlage für die Entwicklung mRNA-basierter COVID-19-Impfstoffe (RNA-Impfstoff).
Dr. Fanny Casado: Dr. Fanny Casado arbeitet derzeit an der Fakultät für Ingenieurwesen an der Päpstlich Katholischen Universität von Peru. Dr. Casado ist Expertin für die Bewertung von medizinischen, gesundheitlichen und biotechnologischen Produkten. Sie leitet interdisziplinäre Projekte zur Einführung sicherer Technologien für Mensch und Umwelt mit Schwerpunkt auf der Integration von Methoden für die Konzeption, Entwicklung und Validierung von Arzneimitteln, Zelltherapien und medizinischen Geräten. Sie ist Professorin für Biomedizinische Technik und leitet derzeit das Institut für Biowissenschaften und angewandte Biotechnologie.
Dr. Monica Pajuelo: Dr. Monica Pajuelo ist Dozentin und Forscherin an der Universidad Peruana Cayetano Heredia. Sie war maßgeblich an einem Projekt beteiligt, dass eine molekulare Technologie zur Erkennung von COVID-19 entwickelte und die Testung einfacher und schneller machte. So konnten die Testkapazitäten in Peru deutlich verbessert und erhöht werden.
Möglichkeiten, Frauen bei der Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter zu stärken
In Kleinen, beispielsweise in der Familie, wie auch im Freundeskreis und im Großen – in Unternehmen, in der Gesellschaft – und durch die Unterstützung von Organisationen- können wir Frauen und Mädchen stärken und sie dabei unterstützen ihre innere Kraft zu finden.
Ob durch Gesetze und Regeln, Kampagnen von Organisationen wie der UN Woman oder auch Veranstaltungen zum Internationalen Frauentag. Die folgenden Ziele müssen aktiv verfolgt werden, um die Gleichstellung von Männern und Frauen in Zukunft weltweit zu realisieren:
- Bekämpfung aller Formen von Gewalt gegen Frauen, einschließlich Menschenhandel und sexueller Ausbeutung.
- Beseitigung der Diskriminierung von Mädchen und Frauen in allen Lebensbereichen.
- Abschaffung von Zwangs- und Kinderehen.
- Abschaffung von rituellen Beschneidungen der weiblichen Geschlechtsorgane
- Ermöglichung einer sinnvollen Beteiligung von Frauen an politischen, sozialen und wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen.
- Förderung von unbezahlter Arbeit (hier ist Hausarbeit gemeint) durch sozialen Schutz.
- Gleiche Rechte für Frauen in Bezug auf wirtschaftliche und natürliche Ressourcen, Eigentum an Grund und Boden, Erbschaft und Finanzdienstleistungen.
Während die Durchsetzung dieser Ziele in den Industrieländern in greifbare Nähe rückt, ist sie in vielen Entwicklungsländern weiterhin eine offene Frage.
Seit vielen Jahren engagiert sich die UN Woman bereits für die Gleichstellung der Geschlechter, die Frauenrechte, die Beendigung der Gewalt gegen Frauen und für die Beseitigung jeglicher Form der Diskriminierung von Frauen. Diese Ziele sind nur gemeinsam mit Männern und Frauen zu erreichen.
Was ist die UN Women & ihre strategischen Prioritäten für SDGs
UN Women Deutschland ist das nationale Komitee der UN Woman, eines von insgesamt 12 Komitees weltweit. Die Nationalkomitees arbeiten als unabhängige und gemeinnützige Nichtregierungsorganisationen. Sie haben das Ziel durch Fundraising, Lobbyarbeit und Kampagnen für die UN Woman finanzielle und politische Unterstützung zu generieren.
Durch das Engagement und die Unterstützung von Regierungen und dem privaten Sektor sollen langfristig Frauenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter gestärkt werden, denn jede Frau hat ein Anrecht auf ein Leben, frei von Gewalt, Armut und Diskriminierung.
SDGs / Sustainable Development Goals
Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung wurde bereits 2015 von allen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen verabschiedet. Sie bietet eine gemeinsame Grundlage für Frieden und Wohlstand für die Menschen und unseren Planeten. Im Mittelpunkt der Agenda stehen insgesamt 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs). Diese appellieren alle Länder zu handeln. Die Beendigung von Armut und anderen Entbehrungen muss einhergehen mit Strategien, die auf die Verbesserung von Gesundheit und Bildung ausgerichtet sind. Ziel muss es sein, Ungleichheit zu verringern und das Wirtschaftswachstum ankurbeln.
Die SDGs bauen auf der Arbeit der Länder und der Vereinten Nationen auf
Die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung aller Frauen und Mädchen ist ein eigeständiges Ziel der Agenda 2030 – das Ziel 5. Geschlechtergerechtigkeit und Selbstbestimmung von Frauen sind auch der Schlüssel zur Erreichung aller 17 Nachhaltigkeitsziele. Viele dieser Ziele benennen die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung von Frauen als Aufgabe und zugleich als Teil der Lösung. Beispielsweise kann die Armut nicht beendet werden, ohne dass Frauen – die in vielen Teilen der Welt unverhältnismäßig häufig zu den Ärmsten gehören – gleiche Lebens- und Beteiligungschancen erhalten.
Ursprünglich veröffentlicht 28 Mrz, 2022, Aktualisiert 13 Jan, 2023
